„Der Begriff ‚Müllmann‘ ist nicht mehr zeitgemäß“: Interview mit VBS-Präsident Stefan Böhme
Im April 2022 ist es endlich so weit: Die Kreislaufpiloten starten nach zwei Jahren pandemiebedingter Unterbrechung wieder durch. Zum Restart der Arbeitgeberkampagne, die der Verband der Bayerischen Entsorgungsunternehmen (VBS) gemeinsam mit neun seiner Mitgliedsunternehmen durchführt, haben wir Verbandspräsident Stefan Böhme interviewt. Mit ihm haben wir über die Hintergründe und Ziele der Kampagne, die Vorteile einer Beschäftigung in der Entsorgungswirtschaft und den Arbeitskräftemangel in der Branche gesprochen.
Herr Böhme, im Oktober vergangenen Jahres sind Sie zum neuen Präsidenten des Verbands der Bayerischen Entsorgungsunternehmen gewählt worden. Was hat den Ausschlag dafür gegeben, die vor gut zwei Jahren ins Leben gerufene Arbeitgeberkampagne „Teil des Kreislaufs“ nun fortzusetzen?
Im Frühjahr 2020 haben wir uns aufgrund der Corona-Pandemie dazu entschieden, die Kampagne bis auf weiteres auf Eis zu legen. Diese Entscheidung ist uns natürlich nicht leichtgefallen, war im Nachhinein betrachtet aber richtig. Nicht nur, weil die Nachrichtenlage und die allgemeine gesellschaftliche Stimmung zu diesem Zeitpunkt von großer Unsicherheit geprägt war, sondern auch, weil wir viele Elemente der Kampagne durch Lockdown und Kontaktbeschränkungen nicht in der Art und Weise hätten umsetzen können, wie wir uns das vorgestellt haben. Umso mehr freuen sich alle Beteiligten nun, dass unsere Arbeitgeberkampagne jetzt wieder Fahrt aufnehmen kann. Schließlich hat das Thema nichts von seiner Relevanz verloren. Im Gegenteil: Es ist aktueller denn je!
Was sind die Ziele der Kampagne? Worum geht es dem VBS dabei?
Unsere Mitgliedsunternehmen und die gesamte Branche haben bereits seit längerer Zeit mit einem Arbeitskräftemangel zu kämpfen. Es wird immer schwieriger, qualifizierte
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die vielfältigen Aufgaben zu gewinnen. Dabei geht es um Berufskraftfahrer, also unsere „Kreislaufpiloten“, aber auch in anderen vor- und nachgelagerten Bereichen fehlt Personal. Und eine Entspannung ist nicht in Sicht. Bereits jetzt wird prognostiziert, dass der Entsorgungswirtschaft in den kommenden Jahren mehr als 100.000 Beschäftigte fehlen könnten.
Mit der Kampagne möchten wir dieser Entwicklung entgegenwirken. Wir werben aktiv um neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und wollen die Attraktivität der Berufe in der Entsorgungswirtschaft steigern. Quereinsteiger sind dabei genauso gefragt und willkommen, wie erfahrene Fachkräfte und Berufskraftfahrer.
Wie wollen Sie das erreichen? Welche Rolle spielt die Entsorgungsbranche für unsere Gesellschaft?
Mitarbeiter von Entsorgungsbetrieben werden ja oft gerne einfach als „Müllmänner“ bezeichnet. Aber dieser Begriff ist meiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäß und greift viel zu kurz. Die Entsorgungswirtschaft hat sich in den letzten Jahren ganz entscheidend gewandelt und ist heute eine zukunftsträchtige High-Tech-Branche. Es geht eben nicht einfach nur darum, Müll von A nach B zu transportieren, denn bei dem vermeintlichen Abfall handelt es sich um hochwertige Roh- und Wertstoffe. Ein funktionierender Recycling-Kreislauf ist für viele Bereiche von großer Bedeutung. Die Entsorgungsbranche nimmt eine systemrelevante Rolle ein und erfüllt eine überaus wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Vielleicht hat die Pandemie hier schon ein Umdenken in Gang gebracht. Außerdem ist die Entsorgungswirtschaft auch im Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit von Bedeutung, denn sie leistet einen wichtigen Beitrag zum Schutz unserer Umwelt und unserer Ressourcen. Für Arbeitnehmer ist das also ein attraktives Umfeld, das spannende Aufgaben und viele Vorteile bietet.
Die da wären?
Als systemrelevante Unternehmen bieten die bayerischen Entsorger eine sichere Festanstellung, ein attraktives Gehalt und einen abwechslungsreichen Job. Als „Kreislaufpilot“ beispielsweise können Berufskraftfahrer ihre Leidenschaft für das LKW-Fahren mit verschiedenen Vorteilen verbinden. Dazu gehören geregelte Arbeitszeiten und Raum für Freizeit, keine langen Fahrten quer durch Europa, bei denen man auf Autobahnen übernachten muss und Freunde und Familie selten sieht, sowie reger sozialer Kontakt zu Kunden und Kollegen. Die Teilnehmer und Partner der Arbeitgeberkampagne sind traditionsreiche Familienunternehmen, die ihren Beschäftigten optimale und faire Arbeitsbedingungen bieten können.
Wie geht es ab dem Frühjahr 2022 nun weiter? Was sind die nächsten Schritte der Kampagne?
Wir möchten vor allem in den Austausch kommen und mit der Öffentlichkeit, den Medien und ganz besonders natürlich mit potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern einen offenen Dialog führen. Deshalb werden wir unsere Aktivitäten in den kommenden Wochen sukzessive wieder hochfahren. Vor allem Online und in den sozialen Medien bieten der Verband und die Kampagnenpartner ein umfangreiches Informationsangebot und viele Hintergründe zu einer Beschäftigung in der Entsorgungswirtschaft an. Das Highlight dieser neuen Kampagnenphase haben wir dann für den Frühsommer 2022 geplant: Ein Vor-Ort Event in München anlässlich des „Internationalen Tags der Müllabfuhr“ am 17. Juni. Mehr dazu in Kürze – es soll ja noch ein Wenig spannend bleiben. Ich kann dazu unsere Kampagnenwebsite https://kreislaufwirtschaft.bayern/ und natürlich unsere Social-Media-Kanäle nur wärmstens empfehlen. Folgen Sie uns und begleiten Sie uns in der nächste Phase der Kampagne!